Der Janitza EXPERT TALK: Fokussiertes Wissen für die Praxis

Hohe Energiekosten und neue gesetzliche Anforderungen stellen Unternehmen immer wieder vor neue Herausforderungen. Der Janitza EXPERT TALK hat die Teilnehmer mit fünf Vorträgen auf den neusten Stand gebracht.

12.06.2024

Der Janitza EXPERT TALK: Fokussiertes Wissen für die Praxis

Was bedeutet modernes Energiemanagement? Wie wird sich Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) auf mich und mein Unternehmen auswirken? Janitza electronics hat am 6. Juni 2024 zum EXPERT-TALK in Lahnau (Mittelhessen) eingeladen, um über diese und weitere Themen mithilfe von fünf Experten zu informieren. Der Einladung zum Janitza EXPERT TALK folgten rund 50 Fachleute aus der Praxis. 

Energiemanagement ganzheitlich gedacht 

Den Anfang machte Patrick Steiß, Energie Manager der Janitza electronics GmbH. Er zeigte in seinem Vortrag, dass modernes Energiemanagement mehr bedeutet als Effizienzsteigerung. Denn weltweit steigen nicht nur die Kosten für Energie sondern auch die Emissionen an CO2. Der Menschheit blieben noch etwas mehr als fünf Jahre, bis die Menge an CO2 freigesetzt ist, die die Erdatmosphäre um 1,5 Grad erwärmt – wenn sich nichts ändert, so Patrick Steiß. 

Zudem bringe die EU-Taxonomieverordnung vom 18. Juni 2020 weitere Anforderungen mit sich. Diese Verordnung regelt, ab wann eine wirtschaftliche Aktivität als ökologisch nachhaltig gilt. Unternehmen sind in absehbarer Zeit dazu verpflichtet, sogenannte ESG-Daten zu veröffentlichen (Abk. environmental, social, governance). Das Management von Energie richtet damit seinen Blick auf Faktoren wie Auswirkungen des Energieverbrauchs auf die biologische Vielfalt einer Region und die beteiligten Personen in der Wertschöpfungskette.  

Zudem berücksichtige modernes Energiemanagement mehr als das Erfassen von Kilowatt-Stunden an elektrischer Energie, erklärte Patrick Steiß. Es gehe um die Emission von CO2, um den Verbrauch von Stickstoff, Wasser, Druckluft, um die Nutzung von Abwärme und mehr. Patrick Steiß plädierte dafür, das Sammeln dieser Daten so weit wie möglich zu automatisieren, „damit wir alle mehr Freiraum haben für die angenehmen Dinge im Arbeitsalltag.“ Und gleichzeitig ein modernes Energiemanagement etablieren.  

Viel Bedarf, große Speicher 

Martin Klempert, Inverter Business Expert der TESVOLT AG, zeigte im zweiten Vortrag, dass es heute vor allem immer größere Speichermöglichkeiten für elektrische Energie braucht. „Wir denken in Megawatt an Speichermöglichkeit.“, sagte er auf dem Janitza EXPERT TALK. 

Die Speicher der TESVOLT AG mit Sitz in der Lutherstadt Wittenberg bieten für Kunden eine Reihe von Lösungen. Für einige Kunden steht die Optimierung des eigenen Verbrauchs im Mittelpunkt. Strom kann dann eingekauft und zwischengespeichert werden, wenn er am günstigsten ist. Und dann z.B. in der Nacht selbst verbraucht werden. Auch für eine Lastspitzenkappung eignet sich ein potenter Speicher. Denn oftmals unterliegen Unternehmen der Vorgabe, einen bestimmten Energiebezug aus dem örtlichen Netz nicht zu überschreiten. Braucht das Unternehmen dennoch mehr Strom, entstehen oft zusätzliche Kosten. Ein passender Speicher, der in diesen Momenten zusätzliche Energie liefert, kann auf lange Sicht Kosten minimieren.  

Die Speicherung von Energie eignet sich aber auch als Investition, erklärte Martin Klempert. Denn die Strompreise steigen und fallen je nach Nachfrage von Stunde zu Stunde im Verlauf eines Tages. Ein Investor kann große Mengen von Energie speichern, wenn der Strom günstig ist und verkaufen, wenn der Preis gestiegen ist. „Es geht also wirklich nur darum, Energie zu speichern und auszuspeichern, je nachdem, ob wir einen hohen oder niedrigen Preis haben.“, so Martin Kleppert.  

Was bedeutet § 14a des EnWG?  

Dr. Michael Weise (Stuttgart) informierte im darauffolgenden Vortrag über den aktuellen Stand der Umsetzung von § 14a des (EnWG). Das Gesetz gilt seit dem 1. Januar 2024. Das Gesetz erlaubt und verpflichtet die Netzbetreiber, sogenannte steuerbare Verbrauchseinrichtungen in bestimmten Situationen zu dimmen. Der Netzbetreiber kann und soll also den Strombezug von Wärmepumpen, Speichern, Ladesäulen etc. mit einem netzwirksamen Leistungsbezug von mehr als 4,2 KWh einschränken.  

Diese Maßnahmen sollen die Überlastung der Niederspannungsnetze vermeiden, so der Energierechtsexperte. Denn die Netze kommen durch drei gleichzeitige Transformationsprozessen in der Energiewirtschaft immer öfter an ihre Grenzen: die Energiewende, die Wärmewende und die Mobilitätswende. In der Summe bedeuten diese Prozesse einen massiven Anstieg an benötigter Energie.  

Die technische Umsetzung dieser Maßnahmen ist noch weitgehend offen. „Bis zum Oktober 2024 sind Vorschläge zur technischen Realisation der Bundesnetzagentur vorzulegen.“, so Michael Weise. Es brauche noch technische Lösungen für eine Reihe von Eckpunkten bei der Integration der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, wie zum Beispiel eine passende Netzzustandsermittlung, die Sicherstellung des sicheren Mindestbezug von 4,2 KWh, und die Umsetzung einer Direktansteuerung betroffener Netze.  Bis § 14a also in der Praxis umgesetzt werden kann, ist noch einiges zu tun. 

Normen schaffen Sicherheit  

Die Einhaltung von Normen bei Elektroinstallationen kann Schäden vermeiden, auf lange Sicht Kosten vermeiden und bietet Rechtssicherheit, wenn es zum Schaden kommt. Das hat Dierk Wolfinger im vierten Vortrag auf dem Janitza EXPERT-TALK deutlich gemacht. 

Der Sachverständige und Gesamtverantwortliche Elektrofachkraft bei den Badischen Versicherungen sagte vor den rund 50 Teilnehmern: „Von einhundert Schäden sind 33 auf Elektrizität zurückzuführen, und zwar direkt. Weitere 9 Prozent auf Blitzschlag.“ Fast die Hälfte aller Schadensbilder, mit denen er als Versicherer zu tun hat, hängen im weiteren Sinn mit Elektrizität zusammen, so Wolfinger. 

Deshalb sei es wichtig, die geltenden Normen einzuhalten. Er verwies auf geltende Regelungen des § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Das Gesetz regelt die Anforderungen an Energieanlagen und legt fest, dass diese so zu errichten und zu betreiben sind, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. „Diese Regeln enthalten etwa 50 wichtige Normen. Über die sollten Sie Bescheid wissen“, so Wolfinger 

Zudem müsse die korrekte Verkabelung und Kennzeichnung verlässlich dokumentiert werden, sagte Dierk Wolfinger. Das sei vor allem von Bedeutung, wenn es zu einem Schaden kommt: „Tritt der Schadensfall ein, wollen wir als Versicherung eine Dokumentation von Ihnen sehen“, so Dierk Wolfinger. Ansonsten habe eine Versicherung alles Recht, nur für einen Teil des Schadens aufzukommen. Damit zeigte Dierk Wolfinger: Normen nicht einzuhalten geht so lange gut, wie es gut geht. Für alle anderen Fälle sorgen Normen für Transparenz und Sicherheit – für alle Parteien.  

Fehlerströme beseitigen im Stadion 

Die Differenzstrommessung (RCM) ist alles andere als neu – und dennoch hochaktuell. Das machte Frank Müller, Geschäftsführer des Sachverständigenbüros Perfekte Netze GmbH (Schwarzenbek), im letzten Vortrag auf dem Janitza EXPERT TALK deutlich.  

Sein konkretes Beispiel war die Anforderung der FIFA, das Volksparkstadion in Hamburg fit zu machen für die Übertragung einiger Fußballspiele der Europameisterschaft 2024. Das Sachverständigenbüro von Frank Müller traf auf eine ganze Reihe von Problemen im Stadion bei Beleuchtung, Verkabelung und mehr. „Allein die Beseitigung der Fehlerströme kostete einen siebenstelligen Betrag.“, so Frank Müller. Die Maßnahmen waren aber notwendig, um eine Hochverfügbarkeit der elektrischen Energie zu garantieren und EMV-Probleme (Elektromagnetische Verträglichkeit) zu minimieren.  

Frank Müller zeigte auf, dass ein professionelles RCM einer Reihe von Problemen begegne. Zum Beispiel ließen sich multiple Erdungen entdecken,unsymmetrische Verteilungen des elektrischen Stroms erfassen und damit die EMV verbessern, Korrosion durch fehlgeleitete Ströme vermeiden. Zudem alterten Batterien nicht vorzeitig. 

Damit lassen sich vielleicht nicht immer Millionenbeträge einsparen. Dennoch kann die Beseitigung von Fehlerströmen einen wichtigen Beitrag leisten für einen reibungslosen Betriebsablauf. Mit geringeren Kosten und verbesserter Sicherheit für Menschen und Maschinen.  

Eine Plattform für fundiertes Wissen – und Vernetzung 

Der Janitza EXPERT TALK in Lahnau war der zweite Seminartag dieser Art in 2024. Janitza bietet die Talks außerdem in Osnabrück (11. Juni) und München an (17. September). Bei den Tagesveranstaltungen treffen interessierte Fachleute aus der Praxis auf Fachexperten, die tiefgreifende Einblicke in aktuelle Themen rund um Energieüberwachung und Netzqualität bieten. Der Fokus liegt auf einem lebendigen Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern sowie auf Fachvorträgen, die das neuste Wissen der Branche vermitteln.